
Foto: Haubrock | 2010
Der alte Luftschutzstollen unter dem Straßburger Platz gehörte während des 2. Weltkriegs zu den größten und zugleich am weitesten fortgeschrittenen Stollenbauprojekten in Osnabrück. Geplant im Frühjahr 1943 auf einer Gesamtlänge von 800 Stollenmetern, sollten hier nach Fertigstellung 3.200 Menschen bei Fliegeralarm Platz finden können. Zwischen Sommer 1943 und April 1945 hatte man immerhin 520 Meter Stollen mit einer Breite zwischen 2,50 und 3,00 Metern fertigstellen können. Die Dimensionen der Anlage waren damit etwa vergleichbar mit denen der Stollenbunker an der Brinkstraße und Wiener Wall (Stadthaus).
Zu Baubeginn im Sommer 1943 legte man zunächst einen 12x10 Meter breiten Schacht auf der Südseite des geplanten Bunkersystems an, etwas östlich des Kriegerdenkmals. Er diente nach seiner Abteufung auf 10 Meter Tiefe zunächst als Ausgangspunkt für den weiteren Stollenvortrieb und für den Abtransport des Abraums.

Foto: Haubrock | 2010
Doch die Planer hatten hier mit einem großen Problem zu kämpfen, welches das gesamte Bauprojekt gefährdete. Beim Aushub stießen die Arbeiter auf eine Wasserader, die so viel Wasser führte, dass der gesamte Bunkerkomplex Gefahr lief vollzulaufen. Um das gesamte Projekt nicht zu gefährden, behalf man sich daher damit, eine elektrische Pumpe zu installieren, welche das kontinuierlich eindringende Wasser an die Oberfläche befördern sollte. Allerdings war die Pumpenanlage an das städtische Elektrizitätsnetz angeschlossen und besaß keine eigene Notstromversorgung. Dies sprach sich offenbar auch in der Nachbarschaft schnell herum, so dass schnell Gerüchte aufkamen, die gesamte Anlage würde bei einem Stromausfall absaufen. Dazu kam es allerdings nie.
Noch im Winter 1943 war der ausgehobene Schacht nur bedingt gesichert. Zu diesem Zeitpunkt war der Bunker nur über provisorische Holztreppen zu erreichen, die am Rande der offenen Grube in die Tiefe führten. Bei einem direkten Bombentreffer hätte dies verheerende Folgen für die Schutzsuchenden gehabt. Erst mit dem Aushub eines zweiten Förderschachts westlich des Denkmals sollten diese Missstände beseitigt werden. Erst hiernach konnte mit der Sicherung und dem Ausbau des östlichen Schachts als Treppenhaus begonnen werden.
Offenbar hatten die Arbeiter die Gruben an der Oberfläche zu dieser Zeit jedoch nicht ausreichend gesichert, so dass es während der Bauphase zu einem tragischen Zwischenfall kam. Am 18. April 1944 verstarb dort eine Anwohnerin des Hauses Adolfstraße 17, als sie in den westlichen, elf Meter tiefen Schacht fiel. Die genaueren Umstände sind bisher noch unklar.
Wenige Wochen später hatten die Bautrupps den östlichen Zugang weitestgehend fertiggestellt. Über zwei 25-stufige Treppenabgänge westlich und östlich des Schachts gelangte man nun zunächst in die obere Gasschleuse des Bunkersystems, an welche das geräumige Treppenhaus anschloss. Dieses führte über breite Betontreppen weitere drei Stockwerke in die Tiefe.
Zum Schutz vor direkten Bombentreffern hatte man das Eingangsbauwerk hier mit bis zu 2 Metern Beton ummantelt. Auch die Aussenwände des Treppenhauses waren mit bis zu 1,50m Stärke relativ bombensicher ausgelegt. In einem späteren Bauabschnitt sollten die Eingänge zudem von einem oberirdischen, zivil anmutenden Eingangsbauwerk umfasst werden, welches auch vor direkten Bombentreffern Schutz bieten sollte. Doch diese Planungen aus dem Sommer 1944 wurden bis Kriegsende offenbar nicht mehr realisiert.
Währenddessen gingen die Bauarbeiten im Inneren der Anlage stetig weiter. Vier parallele Stollen sollten vom Straßburger Platz aus in nördlicher Richtung unter der Bismarckstraße hindurch auf einer Länge von jeweils etwa 110 Metern bis unter die Villa Schöller getrieben werden, rechtwinklig gekreuzt von insgesamt acht Querstollen.
Mittlerweile war man auch an der Bismarckstraße dabei, einen weiteren, ca. 16 Meter tiefen Förderschacht auszuheben. Über ihn sollte nach seiner Fertigstellung der weitere Abtransport des Abraums erfolgen und so den Ausbau des südwestlichen Förderschachts zu einem zweiten Treppenhaus ermöglichen.
Wie nötig ein zweiter Zugang an dieser Stelle war, zeigte sich schon im Sommer des Jahres 1944. Zu dieser Zeit hatte man am Bunkersystem unter dem Straßburger Platz bereits mehr als 3.000 Menschen gezählt. Dies dürfte zu diesem Zeitpunkt immerhin etwa der dreifachen Überbelegung entsprochen haben.
Im Herbst 1944 war dann auch das zweite Treppenhaus soweit ausgebaut, dass es von den Schutzsuchenden genutzt werden konnte. Die Eingänge am Straßburger Platz waren damit weitestgehend vollendet.
An der Bismarckstraße gingen die Arbeiten noch bis Kriegsende weiter. Nachdem offenbar im Februar 1945 noch eine vierte Baugrube nördlich der Straße ausgehoben worden war, konnte auch der dritte Schacht als Bunkerzugang finalisiert werden. Allerdings erfolgte hier eine wesentlich sparsamere Bauausführung. Nutzte man für die südlichen Treppenhäuser noch massiven Stahlbeton, so wurde das dritte Treppenhaus lediglich mit 50cm starkem Mauerwerk und einer nur 60cm starken Abschlussdecke ausgekleidet. Auch die Grundfläche von nur 4,50x7,6 Metern fiel deutlich kleiner aus.
Bis Kriegsende konnten die Arbeiter die Stollenanlage noch bis auf 520 Meter ausbauen, bevor der Einzug der britischen Streitkräfte den Bunker als solches überflüssig werden ließ. Wie es danach mit der Anlage weiterging, ist nicht genau bekannt. Der südwestliche Eingang wurde offenbar nach dem Krieg zugesprengt und verfüllt, der südöstliche sowie die beiden nördlichen Schächte zugemauert bzw. geschleift. Im Inneren scheinen in den 1960ern einige Stollenbereiche verfüllt worden zu sein, so sollen heute noch etwa 250 bis 300 Meter der ehemaligen Bunkeranlage begehbar sein. Auch eine Pumpe soll dort nach wie vor das Wasser aus dem Stollen befördern. Zur Be- bzw. Entlüftung wurde zudem ein zusätzlicher Schacht in die Tiefe getrieben, in welchen daraufhin ein langes Rohr eingesetzt wurde, welches übertage in Form eines pilzartigen "Schnorchels" endet. Dieser ist noch heute im hinteren Bereich des Spielplatzes zu entdecken. Viel mehr ist von der Stollenanlage heute auf den ersten Blick allerdings nicht mehr zu sehen. Die zwei erhaltenen Eingänge sind heute nicht mehr auf Anhieb auffindbar.
Zusammenfassung:
- Gesamtlänge (offiz. Planzahl)800 Meter
- Aufnahmekapazität (offiz. Planzahl)3.200 Personen
- BauherrStadt Osnabrück
- Heutige Nutzungungenutzt
- BaubeginnSommer 1943
- Inbetriebnahme1943
- Aufnahmekapazität (errechnet)2.100 Personen
- Gesamtlänge (offiz. erreicht)520 Meter
- Anlage galt als relativ bombensicherja
- Anlage ist noch erhaltenja