Die Flak-Stellung auf dem Osnabrücker Kalkhügel war eine der ersten ortsfesten Fliegerabwehr-Stellungen, die im Stadtgebiet Osnabrück errichtet wurden. Die Entstehung der Stellung Kalkhügel ist bereits auf den Sommer 1939 zurückzuführen. Damals begann die deutsche Luftwaffe erste Flak-Einheiten aus Nordrhein-Westfalen nach Osnabrück zu verlegen und im gesamten Stadtgebiet in Stellung zu bringen. Neben den Anhöhen des Westerbergs, des Schinkelbergs und des Sonnenhügels, gehörte auch der Kalkhügel zu den ersten Standorten, die seitens der Luftwaffe für die Stationierung einer ortsfesten schweren Flak-Batterie ausgewählt wurden. Der Kamm des Kalkhügels mit einer Höhe von 85 bis 95m ü.NN und die von Kleingärten, Wiesen und niedrigen Sträuchern dominierte Vegetation waren ein idealer Standort für die Fliegerabwehr, da das weitestgehend unbebaute Areal mehr als ausreichend Stellfläche bot und eine vollständige Rundumsicht für die Richt- und Ortungsgeräte erlaubte.
Die erste Einheit, die am Kalkhügel zum Einsatz kam, gehörte der sogenannten „schweren Reserve-Flak-Abteilung 406“ an, die am 26.8.1939 aus Teilen der 2. Abteilung des Flak-Regiments 4 in Osnabrück neu aufgestellt wurde. Diese Flak-Abteilung umfasste zunächst vier schwere Flak-Batterien sowie eine Scheinwerferbatterie. Für den Kalkhügel war zunächst eine Batterie mit 8,8cm-Geschützen vorgesehen, die bereits bei Kriegsbeginn am 1. September 1939 einsatzbereit gewesen sein soll. Die Inbetriebnahme der Batterie erfolgte demnach zwischen dem 26.8. und 1.9.1939. Zu diesem Zeitpunkt war die Stellung jedoch noch nicht ausgebaut, die Geschütze und Gerätschaften also noch nicht in splittergeschützen Erdstellungen untergebracht. Auch existierten noch keine Baracken für die Unterbringung der Bedienmannschaften, so dass die Soldaten den ersten Kriegswinter 39/40 noch in Zelten hausen mussten.
Im Laufe der folgenden Monate entstanden die ersten sechs Geschützbettungen auf Höhe der heutigen Wohnhäuser Knappsbrink 34 bis Am Kalkhügel 42. Sie waren in Form eines Pentagons angelegt, wobei fünf Geschütze das Fünfeck bildeten. Ein weiteres Geschütz befand sich im Zentrum. Im weiteren Kriegsverlauf kamen hier noch zwei Geschütz-Bunker im Bereich Knappsbrink 34 hinzu, so dass insgesamt Platz für acht Geschütze geschaffen wurde.
Westlich der Batterie, in Richtung Karstweg, entstanden weitere Bauten, darunter Baracken und Splitterboxen, die offenbar für leichte Flak-Geschütze, Munition und/oder Kommandogeräte vorgesehen waren. Entlang des Knappsbrinks und des Karstwegs hatte man zudem Stellungen für leichte Flak-Geschütze ausgehoben.
Südlich der Straße Am Kalkhügel entstanden noch einige weitere Bauten. An der Südostecke der Straßen Am Kalkhügel und Karstweg etwa richtete die Luftwaffe einen Befehlsbunker mit splittergeschützen Stellungen für Kommando- und Funkmessgeräte ein. Die Trümmer dieser Bauwerke sind dort noch heute von der Straße aus zu entdecken. Etwas weiter östlich, auf Höhe des heutigen Südflügels der Elisabeth-Siegel-Schule, entstand eine Reihe Baracken für die Soldaten nebst eigens angelegter Lagerstraße, die parallel zu Am Kalkhügel verlief und am Knappsbrink endete. Auch entlang des Knappsbrinks selbst, östlich der Straße zwischen Am Kalkhügel und St. Pius, entstanden weitere Baracken.
Ab 1943 waren im Bereich der Kirche St. Pius unter Anderem auch russische Beutegeschütze vom Kaliber 8,5cm im Einsatz, die zunächst auf 8,8cm aufgebohrt wurden, um die reguläre deutsche 8,8cm-Munition nutzen zu können. Zur selben Zeit begann auch die Ausdünnung des erfahrenen Flak-Personals zugunsten der stark geschwächten Ostfront, die durch den Verlust der gesamten 6. Armee bei Stalingrad dringend auf Verstärkung angewiesen war. An Stelle der erfahrenen Kanoniere traten nun die ersten Luftwaffenhelfer der Jahrgänge 1926-1928, also Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren, die zumeist aus kaufmännischen Schulen stammten und keinerlei Vorerfahrung mitbrachten. Die Ausbildung an den Geschützen bekamen die Jugendlichen am Sonnenhügel und am Schinkelberg. Auch hatte man begonnen unter der russischen und ukrainischen Kriegsgefangenen in Osnabrück nach Hilfswilligen, sogenannten "Hiwis" zu suchen, um sie für einfache Dienste, z.B. als Munitionsschlepper, in die Einheiten zu integrieren.
Im Jahr 1944 wurde die Flak-Stellung Kalkhügel zu einer sogenannten Großkampfbatterie mit insgesamt 16 Flak-Geschützen ausgebaut. Zur Verstärkung der bestehenden Batterie wurde das Gelände hierfür in Richtung Süden erweitert und um eine zweite Batterie im Bereich der heutigen Kita St. Pius verstärkt. Dort hatte die Luftwaffe acht(?) weitere Splitterboxen ausgehoben (Pentagon +2), so dass insgesamt 16 Geschütze in der Flak-Stellung Platz fanden. Die südlichen Geschützbunker waren jedoch nicht aufgemauert, sondern lediglich mit Holzwänden stabilisiert worden. Auch wurden im nördlichen Bereich nun sogenannte Sockelgeschütze installiert, also fest im Boden verschraubte Flak-Geschütze. Auf diese Weise konnten die frei gewordenen Kreuzlafetten, also die Geschütz-"Füße", anderen Flak-Einheiten zugeführt werden. Zu dieser Zeit wurden vermutlich auch die zwei bereits erwähnten zusätzlichen Geschütz-Bunker im nördlichen Stellungsbereich gebaut. Insgesamt umfasste das Gelände danach eine Fläche von rund 12 Hektar.
Bis wann genau die Flak-Stellung in Betrieb gehalten wurde ist unklar. Auf einer beigefügten Luftaufnahme aus dem Jahr 1945 ist zu erkennen, dass rund um die Flak-Stellung Laufgräben ausgehoben waren, die unter Umständen der Verteidigung der Stellung gegen alliierte Bodentruppen dienen sollten. Über Kampfhandlungen am Kalkhügel im April 1945 ist mir allerdings bisher nichts bekannt.
Nach dem Krieg wurde ein Großteil der Stellungen gesprengt oder abgetragen. Einige wenige Relikte sind allerdings noch heute auffindbar. Neben diversen Betontrümmern an der Ecke Am Kalkhügel und Karstweg ist eine Geschützstellung im nördlichen Bereich samt Umfassungsmauer und Aufnahmesockel nahezu vollständig erhalten geblieben.
Hinweis: Vorläufiger Stand. Dieser Artikel wird noch um weitere Informationen ergänzt.
Zusammenfassung:
- BauherrLuftwaffe
- Inbetriebnahme1939
- Erweiterung / Ausbau1944
Anmerkungen: Ausbau zur Großkampfbatterie - Anlage ist noch erhaltennein
Anmerkungen: Trümmer vorhanden, eine Geschützstellung auf Privatgrundstück erhalten