Kaum ein Unternehmen in Osnabrück hatte durch den Bombenkrieg so immense Schäden zu verzeichnen wie das Werk Osnabrück der Klöckner-Werke AG. Als kriegswichtiger Rüstungsbetrieb, gelegen in unmittelbarer Nähe des markanten Eisenbahnkreuzes und des Güterbahnhofs, war das Stahlwerk schon sehr früh Hauptziel alliierter Luftangriffe gegen die Hasestadt. Dies zeigte sich bereits mit Beginn der Luftangriffe auf Osnabrück am 23. Juni und 3. Juli 1940, bei denen die ersten vier Osnabrücker Bombenopfer zu beklagen waren, es waren allesamt Mitarbeiter der Klöckner-Werke Osnabrück.
Zur dieser frühen Phase des Krieges im Sommer 1940 war die Stadt Osnabrück auf Angriffe aus der Luft nur unzureichend vorbereitet. Auch wenn es sich zu Beginn der allierten Luftoffensive zunächst nur um kleinere Störangriffe handelte, welche durch den um Osnabrück geschlossenen Gürtel aus Flak-Batterien noch relativ erfolgreich abgewehrt werden konnten, so waren die Kapazitäten der wenigen in Osnabrück vorhandenen Schutzräume noch zu gering. Mit dem Bau der ersten vier öffentlichen bombensicheren Luftschutzbunker im Stadtgebiet wurde erst nach Erlass des Luftschutz-Sofortprogramms vom 10. Oktober des Jahres begonnen, welches die sofortige Ausweitung bzw. Einleitung des Bunkerbaus in stark luftgefährdeten Gebieten vorsah.
Die Menschen mussten somit noch bis zur Fertigstellung der Bunker in den Jahren 1941, 1942 auf notdürftig gesicherte Kellerräume und Splittergräben zurückgreifen oder selbst eigene Erdbunker in den Gärten anlegen. Die Entwickung effektiver und zugleich kostengünstiger Schutzräume war folglich von zunehmendem öffentlichen und privatem Interesse. Diverse Firmen boten seit dem Erlass des ersten Luftschutzgesetzes im Jahr 1935 ein immer breiteres Spektrum an Schutzraumbedarf an und auch das Osnabrücker Stahlwerk fand für seine Produkte frühzeitig eine Verwendung im Luftschutzbau. Hierbei spezialisierte sich das Unternehmen insbesondere auf Betonwaren, wie z.B. splittersichere Betonblenden zur Schutz von Kellerfenstern. Diese hatte das Werk bereits 1938 unter der Kennnummer RL3-38/198 für den Luftschutz prüfen und zertifizieren lassen. Doch auch für das Hauptprodukt Stahl fand das Werk Vertriebsmöglichkeiten im Rahmen des zivilen Luftschutzes. In einem Werbe-Handbuch des Osnabrücker Werks aus dem Jahr 1939 heißt es dazu:
Ein ganz neues Anwendungsgebiet hat die Stahlspundwand besonders mit ihren leichten Profilen in jüngster Zeit beim Bau von unterirdischen Luftschutzräumen gefunden. Die Spundwandbauweise gestattet ein schnelles Errichten des Bauwerkes, da einmal die Erdarbeiten auf den kleinstmöglichen Umfang beschränkt bleiben und zum Anderen die Wände sofort nach dem Rammen ihre volle Tragfähigkeit besitzen. Ferner ist diese Bauweise vom Grundwasserstand unabhängig, da die Klöckner-Spundwand weitestgehend wasserundurchlässig ist. Der Luftschutzraum kann somit jeweils auf die durch die notwwendige Überdeckung bedingte Tiefe gelegt werden, ohne daß hierdurch die Baukosten wesentlich erhöht oder besondere Gründungsverfahren notwendig werden.
Auch die Abdeckung von Luftschutzräumen wird vorteilhaft mit Stahlspundbohlen ausgeführt. Die Tragfähigkeit der Bohlen gestattet es, sofort nach ihrem Einbau die erforderliche Überschüttung aufzubringen.
Die geschilderten Vorzüge der Spundwandbauweise treten besonders hervor, wenn im Ernstfalle innerhalb kürzester Zeit Zusatz- oder Ersatzschutzräume erstellt werden müssen. (...)
Aus den Erfahrungen der ersten Luftangriffe gegen deutsche Ziele konnte und musste die Entwicklung im Schutzraumbau in den Folgejahren stetig weiter voran getrieben werden. Optimierungen in Bauweise und Bauzeit führten hierbei zu einer großen Spanne verschiedener Bunker- und Schutzraumvarianten. Auch die Klöckner-Werke Osnabrück entwickelten ihrerseits eigene Schutzraumtypen. Unter den Kennnummern RL3-43/31 und RL3-43/41 produzierte die Firma ab 1943 zwei sogenannte Eimannbunker aus Stampfbeton. Diese splittersicheren Luftschutzzellen dienten als notdürftige Ersatz-Schutzräume oder splittersichere Brandwachenstände. Zum Einsatz kamen sie daher vermehrt in der Nähe größerer Industriebetriebe und an Bahnanlagen.
Beide Klöckner-Varianten bestanden aus mehreren rundwandigen Fertigbetonelementen (Sockel-, Mittel- und Deckenelemente), welche beim Aufbau durch solide Eisenbolzen miteinander verankert wurden. Die 31er-Serie besaß vier 40cm starke, die 41er-Serie drei 25cm starke Bauteile. Verstärkt wurden die Wände in beiden Fällen durch Spundwandstahl, welcher anschließend von Stampfbeton ummantelt wurde. Die Einstiegsluke konnte nach dem Aufbau an zwei Scharnieren eingehängt werden. Durch das verhältnismäßig geringe Gewicht von etwa zehn Tonnen, waren diese Kleinstbunker an nahezu jedem Ort in kürzester Zeit zu errichten und auch wieder zu demontieren. Die 31er-Typen waren für ein bis zwei Personen ausgelegt, die zweite Variante war aufgrund des wesentlich größeren Innenraums für zwei bis vier Personen konzipiert. Leider ist das offizielle Fassungsvermögen noch unbekannt.
Auch wenn heute wohl der Großteil dieser "Osnabrücker" Splitterschutzzellen dem Abriss zum Opfer gefallen ist, finden sich doch noch einige erhaltene Exemplare des Typs 31 in der Region. Am Piesberger Zechenbahnhof befinden sich zudem noch Bauteile der 41er-Serie. Ein vollständiger Bunker dieses Typs scheint jedoch nicht mehr zu existieren. Eine Liste der hier bisher verzeichneten Klöckner-Luftschutzzellen findet ihr nachfolgend im Anhang.